Frühgeschichte der Pfarrei
Dokumente und ihre "Übersetzung" in aktuelle Schrift
von Annemarie Marschall, Roswitha Wolny und Wolfang Grellner | Februar 2019
Die hier vorgestellten Unterlagen zur Frühgeschichte der Pfarrei Mariä Himmelfahrt in Kempten-St. Mang stellen natürlich nur eine kleine Auswahl aus vorhandenen schriftlichen Zeugnissen dar. Herr Stadtarchivar Dr. Böck unterstützte freundlicherweise fachkundig das Vorhaben, in die Anfangszeiten unserer Pfarrei zu schauen.
Es wurden keine Korrekturen an den Texten vorgenommen, einige Formulierungen jedoch kurz erläutert (z.B. „Bination“). Für zusätzliche Informationen, Ergänzungen und Kommentare wären wir sehr dankbar. Bitte verstehen Sie, falls die Dokumentation nicht allen Ansprüchen von Historikern und anderen Experten genügen sollte.
Wie Sie aus den verschiedenen Kapiteln ersehen können, waren die Mitglieder des 1897 gegründeten Kirchenbauvereins wichtige Vorreiter und Antreiber zum Bau der Kirche und zur Errichtung einer eigenständigen Pfarrei. Dieser Kirchenbauverein besteht noch heute. Natürlich nicht zum Zweck des Baus einer neuen Kirche, sondern um Bau- und Reparaturmaßnahmen an der Kirche, am Pfarrhof und am Pfarrheim zu finanzieren, soweit sie nicht durch Mittel der Kirchenstiftung abgedeckt werden können.
Falls Sie wünschen, Ihre Verbundenheit mit unserer Pfarrei und Ihren Aufgaben zum Ausdruck zu bringen, sind Sie als Mitglied des Kirchenbauvereins Mariä Himmelfahrt herzlich willkommen. Sie können sich gerne im Pfarrbüro melden.
I.Bürger von Kottern-Neudorf wünschen sich eine eigene Expositur (Filialgemeinde der Pfarrkirche St. Magnus in Lenzfried)
An das Hohe Königliche Ministerium
31. Januar 1899
Bitte der Ortsgemeinde Kottern-Neudorf um Errichtung und Dotierung einer katholischen Expositur dortselbst.
Die ehrenvollst gehorsamst Unterzeichneten wagen es: einem Königlichem Ministerium des Inneren für Kirche und Schulangelegenheiten die ehrergiebigste Bitte zu unterbreiten. Ein hohes Königliches Ministerium wolle gnädigst die Errichtung und Dotierung einer selbständigen Expositur in der zur Gemeinde und katholischen Pfarrei St. Mang in Lenzfried gehörigen Ortsgemeinde Kottern-Neudorf an höchster Stelle zu veranlassen.
Zur Begründung dieser ehrerbietigsten Bitte erlauben sich die ehrfurchtvollst Unterzeichneten einem Hohen königlichen Ministerium die bestehenden Verhältnisse im Folgenden zu schildern.
Vor 50 Jahren wurde an der Iller eine halbe Stunde südlich Kemptens eine große Fabrik angelegt. Infolge dessen entwickelte sich die in der Nähe gelegene Ortschaft Kottern-Neudorf, die damals aus einigen Häusern bestand, so stark und rasch, daß sie heute über 2000 Einwohner zählt. Deren überwiegende Mehrzahl, nämlich 1200 Seelen, Katholiken sind. Kottern-Neudorf bildet den größten Bestandteil der ausgedehnten Pfarrei Lenzfried, die im Ganzen 3624 Seelen umfaßt. Für diese große Seelenzahl ist nur die einzige Pfarrkirche in Lenzfried vorhanden, deren Größe in keinster Weise noch ausreicht. Dies konnte man am besten beobachten, als vor 3 Jahren die Kirchenvisitation durch den bischöflichen Dekan abgehalten wurde. Bei dieser Gelegenheit füllten die Werks- und Sonntagsschüler der Pfarrei fast sämtliche Kirchenstühle aus.
Auch bei sonstigen kirchlichen Feierlichkeiten zeigte sich die durchaus ungenügende Größe der Pfarrkirche. Es müßte daher gewiß in Kürze eine Vergrößerung derselben eintreten.
Eigentümer der Pfarrkirche ist aber der bayr. Staat, also würde ihm die große Last zufallen. Nun hat sich im August 1897 ein Kirchenbauverein Kottern-Neudorf gebildet, der den Gedanken verfolgt, mit der Zeit eine eigene kath. Kirche dortselbst zu erstellen. Dadurch würde ganz von selbst dem Notstand in der Pfarrkirche zu Lenzfried abgeholfen.
…
Es folgen weitere Begründungen für die Errichtung einer neuen Kirche:
- Wegstrecke von Kottern-Neudorf nach Lenzfried
- Tiefschnee
- Mit Fuhrwerk muss über Gebiet der Stadt Kempten gefahren werden (St. Mang war eine eigenständige Gemeinde)
- Hohe Kosten (z.B. Leichentransport) sind durch die Arbeiter mit geringem Einkommen zu tragen.
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Unterschriften: Ausschuß des Kirchenbauvereins Kottern-Neudorf (gegründet am 2.August 1897)
Franz Xaver Riedle, Johann Haslach, Max Metz, Anton Weitenauer, Alphons Rieck, J. Anton Dodel, Franz Xaver Wiedemann , Wilhelm Zimmermann
II. Schreiben des katholischen Pfarramtes St. Mang als Entgegnung
Lenzfried, 9. Februar 1899
Die mit geschätzter Note des 31.Januar 1898 gütigst zugesandte Vorstellung der Ortsgemeinde Kottern und Neudorf bezüglich einer Expositur dortselbst, lehne ich mich mit folgender Bemerkung zurück. Muß ich bestreiten, daß die Pfarrkirche in Lenzfried schon zu klein sei, sogar an den größten Festtagen, zum Beispiel am Fronleichnamsfest, an welchem doch wohl die größte Anzahl die Kirche besucht, alle Besucher recht wohl noch Platz nahmen. Die Gänge der Kirche benützt werden, wie dies auch in der Pfarrkirche in Kempten der Fall ist. Sodann ist die Zahl der Katholiken in Kottern-Neudorf viel zu hoch angegeben; sie beziffert sich nicht, wie dort behauptet, auf 2000, sondern nur 1429, wie in dem dieser Vorstellung beigegebenen Aufrufe angegeben. Es muß ebenso mit Bezug auf diesen Aufruf bemerkt werden, daß der Inhalt derselben mehr darauf berechnet ist, möglichst Beiträge zum Kirchenbau laufend zu erhalten, als der Dringlichkeit einer eigenen Seelsorgsstelle in Kottern abzuthun. Es kann und will dabei nicht in Abrede gestellt werden, daß die Pastorierung der Pfarrei Lenzfried mit Einschluß von Kottern-Neudorf beschwerlich ist; allein niemand wird behaupten können, daß bis jetzt den Pflichten der Seelsorge nicht getreulich und im vollen Umfange erfüllt werden. Es wird jede Woche in der Anstaltskapelle zu Kottern Gottesdienst abgehalten, und kränkliche oder ältere Leute haben hinreichend Gelegenheit, ihre religiösen Bedürfnisse zu befriedigen.
Die jüngeren Leute aber können den sonntäglichen Gottesdienst in Lenzfried auch bei jeder Witterung besuchen, und es dürfte nicht nur in ihrem geistigen, sondern auch physischen Interesse liegen, den nicht allzuweiten Weg zur Pfarrkirche zurückzulegen. Es muß hierbei hervorgehoben werden, daß die Angaben in der eingangs erwähnten Vorstellung bezüglich der üblen Beschaffenheit des Weges der Wahrheit nicht entspricht, indem gerade dieser Weg von den Einwohnern Kemptens als Spaziergang benutzt wird. Ich muß meine gutrechtliche Äußerung dahin abgeben, daß das Bedürfnis einer eigenen Seelsorge dermalen durchaus nicht in der Art dringend ist.
…
Dagegen dürfte die Errichtung einer zweiten Kaplansstelle in Lenzfried allen gerechten Wünschen entsprechen …
…
Das Königliche Pfarramt St. Mang
Am 1. November 1901 wurde der Verein für ambulante Krankenpflege gegründet (Mallerdorfer Schwestern). Die Schwestern wirkten lange Jahre segensreich in der „Kinderbewahranstalt“ in der Ludwigstraße. In dem von ihnen genutzten Gebäude befand sich die oben zitierte Anstaltskapelle.
III. Kultusministerialentscheidung zur Errichtung einer Expositur
Nr. 18451
München, den 15. September 1902
K. bayerisches Staatsministerium des Inneren für Kirchen- und Schulangelegenheiten
An die Regierung K.D.I. von Schwaben und Neuburg
Betreff: Gesuch um Bewilligung von Staatsbeiträgen zur Errichtung neuer oder Umwandlung bestehender katholischer Seelsorgstellen für die XXVI. Finanzperiode. Mit Bezugnahme auf die Ministerialentschließung vom heutigen Nr. 8545 wiedereröffnet wird, daß im Budget für die XXVI. Finanzperiode unter Ziffer XXII cap 1 …4 des Staatsaufwandsetats für den katholischen Kultus zum Zwecke der Errichtung einer Expositur in Kottern-Neudorf , K.- Bezirksamt Kempten, ein staatlicher Dotationsbeitrag von jährlich 1500 M. (eintausendfünfhundert Mark) vorbehaltlich der Festsetzung der Fassion (Geständnis, Steuererklärung) vorgesehen wurde.
Die K. Regierungskammer im Inneren, hat die noch weiter veranlaßten Verhandlungen zu pflegen und über die Aufbringung des erforderlichen Gesamteinkommens, die Bildung des Expositurbezirks, sowie die Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen für die Expositurerrichtung unter Vorlage der Akten und eines Exemplars …
25. September 1902
Königliche Regierung von Schwaben und Neuburg, Kammer des Inneren
An das K. Bezirksamt Kempten
Betreff: Errichtung einer Expositur in Kottern-Neudorf
Nachstehend folgt Abschrift der Kultusministerialentschließung vom 15. des Monats Nr. 18451 betr. „Gesuch um Bewilligung von Staatsbeiträgen zur Errichtung einer und Umwandlung bestehender kath. Seelsorgstellen für die XXVI. Finanzperiode zur Durchführung der hiernach veranlaßten weiteren Verhandlungen über die Errichtung einer Expositur in Kottern-Neudorf.
Hierbei wird ausdrücklich auf Lit. Ziff. 2 der kultusmini. Entschließung vom 4. September 1902 Nr. 16118 hingewiesen, nach welcher in Filialgemeinden mit mehr als 400 Seelen das Mindesteinkommen des Seelsorggeistlichen (Expositus) 1560 Mark betragen muß. Die Verhandlungen sind derzeit in Vorlage zu bringen.
Gez. Schenk gez. Fuchs
IV. Expositur Kottern-Neudorf und Stellungnahme der Bürger von Schelldorf
Schelldorf, Pfarrei Lenzfried, den 1. November 1902
Beschluß der in den Ortschaften Höhle, Grünschlössle, Falchen, Schelldorf, Wies und Ziegelstadel wohnhaften selbständigen und stimmberechtigten Mitglieder der Kirchengemeinde Lenzfried.
Betreff: Errichtung einer Expositur in Kottern-Neudorf
Zur Beratung und eventueller Beschlußfassung in nebenbezeichneter Sache wurde vom Kirchenverwaltungsvorstande zu der auf heute anberaumten Versammlung die in den Ortschaften Höhle, Grünschlössle, Falchen, Schelldorf, Wies und Ziegelstadel H.-Nr. 101 bis 117 1/24incl. wohnhaften selbständigen und stimmberechtigten Mitgliedern der Kirchengemeinde Lenzfried richtig geladen.Von den Geladenen sind erschienen 63, so daß trotz zweimaliger Anberaumung der Versammlung die beschlußfähige Zahl nicht erschienen ist, deren Anzahl 125 beträgt.
Auf Antrag des Vorstandes wurde mit 16 Ja gegen 47 Nein beschlossen.
Laut bezirksamtlicher Anweisung vom 3. Oktober d. Jhrs. Nr. 4499 wurde den Erschienenen mitgeteilt, daß durch die Zuteilung zur Expositur Kottern-Neudorf selbstverständlich an der Zugehörigkeit zum Pfarrbezirke und an den Verpflichtungen diesem gegenüber keine Änderung bewirkt werde, und die mit „Ja“ abgestimmten geben die bestimmte Erklärung, daß sie alle dem Expositurbezirke erwachsenen Lasten zu bestreiten bereit sind. Insbesondere verpflichten sie sich, daß sie das 1560 M. jährlich betragende Einkommen des Expositus, soweit dasselbe nicht durch die für jede Finanzperiode besonders bewilligten fakultativen Staatsbeiträge seine Deckung finde, durch Umlagen der Angehörigen des Expositurbezirkes oder in sonstiger Weise aufbringen wollen; ebenso verpflichten sie sich, die Kosten für die Wohnung des Expositus, für die Meßnerei und alle Bedürfnisse der Kirche auf sich zu nehmen.
Zugleich wird konstatiert, daß bei lebhafter Vorbesprechung Herr Lokomotivführer Wilhelm Merz wünschte, daß die im vorgeführten Beschlusse abgegebenen Stimmen jenen von Kottern-Neudorf beigezählt und die Abstimmung für diese Orte nicht als eine separate betrachtet werde. Ebenso wird erwähnt, daß die Bewohner von Ziegelstadel dem neuen Expositurbereich zugeteilt, hingegen das bisherige Schelldorf dem Expositurbezirke nicht zugewiesen sein will.
Über vorgetragene Äußerungen wolle das Königliche Bezirksamt seine Entscheidung treffen.
Vorgelesen, genehmigt und von zwei aus der Versammlung durch dieselbe, gewählte Mitglieder der Kirchengemeinde Lenzfried unterzeichnet.
Jos. Sommer Josef Kustermann
Zur Bestätigung
Vorstand der Kirchengemeinde Lenzfried: Rottach
V. Selbstständige Seelsorgestelle in Kottern
No. 5759
Kempten, den 10. Dezember 1902
Königliches Bezirksamt Kempten an das kath. Pfarramt Lenzfried
Betreff: Errichtung einer selbständigen Seelsorgstelle in Kottern
Ich ersuche die Kirchenverwaltung Lenzfried zu einer bestimmten Erklärung zu veranlassen, ob gegen die Benutzung der Kapelle in der Kinderbewahranstalt zu Kottern für die gottesdienstlichen Verrichtungen der künftigen Expositur ein Einspruch erhoben wird oder nicht.
Die vorgelegte Schenkungsurkunde (Platz für Kinderbewahranstalt und Kapelle) vom 14. September 1887 steht jedenfalls nicht hinderlich im Wege, da in Ziffer 3 derselben ausdrücklich bemerkt ist:
„die für den Gottesdienst der römisch-kath. Christen in Kottern und Neudorf erbaute und bestimmte Kapelle … „
Auch wolle noch angegeben werden, für wie viele Personen etwa die Kapelle Raum bietet.
Der Beschluß der Kirchengemeindemitglieder von Kottern-Neudorf vom 1. November d.J. bestätigt wohl, daß alle stimmberechtigten Mitglieder der Kirchengemeinde richtig geladen wurden und daß 269 Geladene erschienen sind; es mangelt aber die Angabe, wie viele stimmberechtigte Mitglieder überhaupt vorhanden sind.
Es scheint auch diesseits empfehlenswert, daß der Expositurbezirk mit dem Schulbezirk Kottern zusammenfalle.
Nach der bestätigten Abstimmung sind hiermit auch die beteiligten Ortschaften einverstanden. Nur Ziegelstadel macht eine Ausnahme, woselbst von 3 Stimmberechtigten 2 für den Anschluß an die Expositur stimmten.
Falls nicht noch besondere Gründe für die Zuteilung dieses Weilers an den neuen Expositurbezirk geltend gemacht werden sollten, wird von solcher Zuteilung Umgang genommen werden dürfen.
Ich ersuche, wenn möglich, um Angabe der Gründe, welche für die Zuteilung zum neuen Expositurbezirk geltend gemacht wurden.
Wegen event. Richtigstellung der Fassion der Expositur wird gesondert Verfügung ergehen.
Gaggen
Am 1. Mai 1903 wurde Herr Kaplan Johann Gebhart in Lenzfried durch ein bischöfliches Dekret zum Expositus in Kottern ernannt. Damit hatte der Ort einen eigenen Seelsorger. Die Gottesdienste der Expositurgemeinde wurden – wie unter II. angegeben - in der Kapelle der Kleinkinderbewahranstalt (heute Kindergarten an der Ludwigstraße) gefeiert. Hier hielten auch die evangelischen Gemeindebürger ihre Gottesdienste. Es galt der Grundsatz:
„Möge durch gegenseitiges Entgegenkommen die Einsicht und der Friede nicht bloß gegen die eigenen Glaubensgenossen, sondern auch gegen die Andersgläubigen für alle Zeit gewahrt werden!“
VI. Auflagen für die Expositur
Nr. 24510
Augsburg, den 1. Oktober 1903
Königliche Regierung von Schwaben und Neuburg
Kammer des Inneren
An das Königliche Bezirksamt Kempten
Betreff: Errichtung einer Expositur Kottern-Neudorf
Den Ausschußmitgliedern des Kirchenbauvereins Kottern-Neudorf und den Bewohnern von Ziegelstadel und Falchen wolle auf ihre Vorstellung vom 12. August bzw. 9. September lfd. Jh. eröffnet werden, daß es bei der Regierungsentschließung vom 17. Juli lfd. Jh. zu verbleiben habe, weil
- es zweckmäßig und angemessen ist, daß die Grenzen der neuen Filialkirchengemeinde sich decken mit den Grenzen des Schulbezirks Kottern und weil die Bewohner von Ziegelstadel und Falchen vor der genannten Regierungsentschließung über ihre Zuteilung zum neuen Expositurbezirke überhaupt nicht einig waren,
- ein Anlaß zur Änderung der seitherigen Wertung, die Leichengottesdienste in der Kirche des Beerdigungsortes abzuhalten nicht besteht, und
- die Angelegenheiten der Filialkirchengemeinde gesetzlich nur durch eine ordnungsgemäß gewählte Kirchenverwaltung besorgt werden können.
Anlangend die Gebühren des Mesners für Taufen und Versegnungen in Kottern, so haben dieselben dem Lehrerund Mesner in Lenzfried zu verbleiben, solange er Inhaber des Schul- und Mesnerdienstes in Lenzfried ist. Bei eintretendem Personalwechsel fallen diese Gebühren in Kottern zu. Dem Pfarramte Lenzfried ist nach Benehmen mit den bischöflichem Ordinariate Augsburg zu eröffnen, daß es bezüglich der sonn- und festtäglichen Gottesdienste …, bezüglich der Taufen und … bezüglich der Gebühren hierfür und bezüglich der Kopulationen (veraltet: Erklärung von zwei Personen zu Mann und Frau) bei der genannten Regierungsentschließung sein Verbleiben habe: Zu der Pfarrpfründe entstehender Ausfall an den fassionsmäßigen Gebühren hätte in der Fassion der Pfarrgemeinde Lenzfried in Abstrich und in der Fassion der Expositur in Einnahme zu kommen.
Der Wohnungsanschlag für den Expositus ist gemäß Min. Entschl. vom 18. März 1903 Nr. 4809, Errichtung Fassionen für Veranschlagung des Wohnungsgenusses in den Fassionen betr. nur nach Min. Entschl. vom 2. Juni Nr. 10688 „Eröffnung einer Expositur Kottern-Neudorf betr. in die Fassion“ aufzunehmen. Der Beginn des Gottesdienstes an Sonn- und Festtagen in der Kapelle zu Kottern wäre etwa eine Stunde vor dem Beginn des Hauptgottesdienstes in der Pfarrkirche festzusetzen.
Selbstverständlch bleibt es den Geistlichen in Lenzfried unbenommen, Kranke in Kottern-Neudorf auf ihren Wunsch zu besuchen, während die Vornahme der Provisuren (Versehgänge) im Interesse der Ordnung dem Expositus zu überlassen ist.
Ebenso ist es den kath. Angehörigen des Expositurbezirks überlassen, ihren österlichen Pflichten ebenso in der Kapelle zu Kottern, wie in der Pfarrkirche zu Lenzfried zu genügen.
Die Erhebungen über den Raummangel in der Kapelle zu Kottern sind seinerzeit vorzulegen und in die Verhandlungen im Sinne der Reg.gs Entscheidung vom 17. Juli lfd. Jh. fortzuführen.
Gez. v. Lermann
VII. Mittelbeschaffung - Geldlotterie für Kirchenbau
Nr. 4744
Kempten, den 7. Oktober 1905
Kgl. Bezirksamt Kempten
An
die Kirchenverwaltung Kottern-Neudorf
/. zuzustellen dem kath. Pfarramte Lenzfried
Betreff:
Geldlotterie zur Erbauung einer kath. Kirche in Kottern
Unter Hinweis auf Ziff. 2 der Minist. Entschließung vom 30. Dezember 1904 Nr. 28094 und die unterm 13. März d. Jh. mitgeteilten Finanz. Minist. Entschließung vom 3. März 1905 Nr. 5151 ersuche ich um Benachrichtigung, sobald mit dem Losabsatze tatsächlich begonnen wird und der Ziehungstag bestimmt ist und gebe im Übrigen der jenseitigen Erwägung anheim, ob nicht mit Rücksicht auf die Nichteinhaltung der in jenen gesetzten Termine die Einrichtung eines entsprechenden Gesuches zur höchsten Stelle veranlaßt erscheint.
Diesbezügliches Benehmen mit dem den Losverschleiß besorgenden Geschäfte dürfte angezeigt sein.
Gaggen
Im Jahr 1906 wurde der Bauplatz für die Pfarrkirche erworben und auch schon an die Errichtung eines Friedhofes gedacht, der jedoch erst 1925 eingeweiht werden konnte.
In der Jahresversammlung 1914 konnten den Mitgliedern des Kirchenbauvereins die vom Kultusministerium begutachteten Baupläne vorgelegt werden. Die Bauarbeiten wurden ausgeschrieben und alle erwarteten den baldigen Baubeginn, denn Planung und Finanzierung waren abgeschlossen und die Bauarbeiten vergeben.
Da brach der 1. Weltkrieg aus, der die Verwirklichung des Bauvorhabens auf unbestimmte Zeit verschieben sollte.
VIII. Freiwilliger Staatszuschuss zum Neubau einer Kirche in Kottern-Neudorf
2. September 1910
Siehe Schreiben des Kgl. Bezirksamtes Kempten
An die Filialkirchenverwaltung Kottern-Neudorf
….
Dass der bewilligte Staatszuschuß von 600 M für das Jahr 1910 …
Das folgende Dokument stammt aus dem Jahr 1927.
Dort werden die Schritte, die über viele Jahre bis zur Errichtung einer Pfarrei führen, zusammengefasst, unter anderem:
- Unterbrechung der Aktivitäten durch den 1. Weltkrieg
- Vorbereitung und Bau der Kirche mit der Minimalausstattung nach dem 1. Weltkrieg
- Einweihung der Kirche 12. November 1922
- Weitere Ausbaumaßnahmen.
Vorstand des Kirchenbauvereins1921/1922
- Expositus Gebhart, Johann | 1. Vorsitzender
- Altbürgermeister Riedle, Franz Xaver | 2. Vorsitzender
- Hauptlehrer Egner, Ignaz | Schriftführer
- Kaufmann Metz, Max | Kassier
- Haslach, Johann
- Kathrein, Fridolin
- Rick, Alfons
- Schmid, Lorenz
- Schwendinger, Bernhard
- Spann, Ludwig
IX. Bitte um Errchtung einer Pfarrei in Kottern-Neudorf (mit Darstellung der Vorgeschichte)
Kottern, den 30. Januar 1927 (Landkapitel Kempten, Post Kottern)
Hochwürdigstes Bischöfliches Ordinariat!
Betreff: Errichtung einer Pfarrei Kottern-Neudorf
Die ergebenst unterzeichnete Kirchenverwaltung erlaubt sich, an das hochwürdigste Ordinariat Augsburg die alleruntertänigste Bitte zu richten, die bisherige Expositur Kottern-Neudorf, Pfarrei Lenzfried, zur selbständigen Pfarrei zu erheben, und zwar aus folgenden Erwägungen heraus: die Fortschritte der Technik in der Mitte des vorigen Jahrhunderts mochten und reizten unwillkürlich, die vielversprechenden Wasserkräfte der Iller bei Kottern – ½ Stunde südlich von Kempten – der Kultur dienstbar zu machen. Im Jahre 1847 wurde von einer Privatgesellschaft die „Spinnerei, Weberei und Maschinenfabrik Kottern“ als das 1. und damit das älteste Etablisment der Textilindustrie im Allgäu gegründet. Die nächste Folge war, daß sich bald verschiedene Ansiedlungen für die an den genannten Betrieben angestellten Arbeiter erhoben - vordem stand erst ein Haus auf weiter Flur.
Im Jahre 1873 ging das Werk in den Besitz einer Aktiengesellschaft über, welche – kapitalkräftig genug – dasselbe weiter ausbaute und die „Baumwollspinnerei und –Weberei Kottern“ erstellte, womit der Zugang von Arbeitskräften immer mehr wuchs. Diese Arbeiter – bald 1000 an der Zahl – wurden, soweit sie der kath. Konfession angehörten, von der zuständigen Pfarrei Lenzfried pastoriert. Da aber Lenzfried ¾ Stunden weit entfernt liegt – bei oft recht unwegsamen Pfaden – gar zur rauhen Winterszeit, machte sich bei der stets zunehmenden Bevölkerungsziffer bald das Bedürfnis nach einer ständigen Seelsorge fühlbar. Wohl wurde seit 1887 wöchentlich 1 hl. Messe in der Hauskapelle der im genannten Jahre erbauten Kleinkinderbewahranstalt gelesen, aber dieser schwache Notbehelf konnte die Gründung eines kath. Kirchenbauvereins Kottern-Neudorf-Schelldorf im Jahre 1897 nicht aufhalten, der sich zur Aufgabe machte, die Errichtung einer eigenen Seelsorgstelle und die Erbauung einer geräumigen Kirche zu betreiben. Die eigene Seelsorgstelle kam 1903 – Expositur – mit möglichem Gottesdienste in der genannten Hauskapelle, die trotz Bination (Befugnis eines kath. Priesters, an einem Tag zwei heilige Messen zu zelebrieren) an allen Sonn- und Feiertagen sich doch als viel zu klein erwies und zudem ein Simultaneum den Protestanten als gottesdienstlicher Raum überlassen werden mußte. Der Expositus wohnte und wohnt bis heute in Ermangelung einer eigenen Wohnung in Miete. Diese Zustände werden immer unhaltbarer, da weiter nördlich eine zweite Fabrik – Mech. Baumwollzwirnerei Kempten, vorm. Denzler in Neudorf – entstanden war und die Fabrik Kottern im Jahre 1910 eine wesentliche Vergrößerung erfuhr durch den Neubau einer Automaten-Weberei, wodurch die Katholikenzahl auf 2100 anwuchs. Dank des entgegenkommenden Wohlwollens der Fabrikdirektion Kottern sowie des nimmermüden Opfersinnes der Bevölkerung konnten bereits 1914 die Kirchenbauarbeiten vergeben werden. Da – welch ein Mißgeschick – am selben Tage (2. August) brach der unheilvolle Weltkrieg los und vereitelte die ganze Ausführung. Erst 3 Jahre nach dem Weltkrieg – 1921 – konnte der Bau in Angriff genommen werden, nachdem eine ergiebige Haussammlung im gesamten Bezirksamt Kempten in der Inflation die schwindende Kasse gestärkt hatte. Am 21. Juni war der Bau der neuen Kirche begonnen – auf dem vom Pfleger Haslach (Neudorf) käuflich erworbenem Terrain -, am 11. September der Grundstein gelegt und anno 1922 (12. November) die Kirche vom hochwürdigstem Weihbischof feierlich zu Ehren der Mutter Gottes eingeweiht. Damit konnte aber nur ein Provisorium geschaffen sein. Seelsorgliche Interessen, wie auch kirchenrechtliche Bestimmungen verlangten die Errichtung einer selbständigen Pfarrei, deren Grenzen sich mit dem Umfang der jetzigen Expositur decken würden, sodaß der neue Pfarrbezirk die Ortschaften Kottern, Neudorf und Drahtzug, Filialen der politischen Gemeinde St. Mang, umfassen würde. Ostgrenze: Bahnlinie Kempten-Pfronten, Westgrenze Iller, Südgrenze: Pfarrei Durach, NordgrenzeFiliale Schelldorf, zu Lenzfried gehörig. Um dieses ihr letztes Ziel – selbständige Pfarrei – zu erreichen, hat sich die Kirchengemeinde Kottern-Neudorf noch das Opfer eines eigenen Pfarrhofbaues mit Raum für 2 Hauskapläne auferlegt, der im Sommer 1926 begonnen, im Frühjahr 1927 bezogen werden durfte. Die politische Gemeinde hat zudem für die Orte Kottern-Neudorf-Schelldorf i.J. 1925 einen eigenen Friedhof geschaffen, so daß kaum noch ein Hindernis im Wege stehen dürfte, der gestellten Bitte zu willfahren. Die neue Kirchengemeine würde sich verpflichten, die neue Kirche (mit Garten), die z.Z. noch im Eigentum des Kirchenbauvereins steht, als ihr Eigentum anzuerkennen, - nachdem sie (mit Garten) ihr vom Kirchenbauverein mit allen Rechten und Pflichten, ohne jedweden Vorbehalt überlassen würde lt. Beschluß und Vertrag zwischen dem Kirchenbauverein und der Kirchenverwaltung vom 30. Januar 1927 – und die Baupflicht an derselben sowie an dem Pfarrhof, der bereits im Besitze der Kirchengemeinde ist, auf die zu errichtende Pfründestiftung zu übernehmen. Die Mutterkirchengemeinde hat bereits lt. Zuschrift vom Januar ihre Zustimmung zu der beabsichtigten Trennung gegeben.
Die ergebenst unterzeichnete Verwaltung bittet das hochwürdigste Bischöfliche Ordinariat, wenn das Ministerium für Unterricht und Kultus die Aufwendungen für die Expositur weiter leisten wollte, das Fehlende durch Zustiftung aus Mitteln der Diözesankirchensteuer zur Besoldung des Pfarrers zu übernehmen. Sie bittet weiter, die neu zu errichtende Pfarrei in die Zahl der gehobenen Pfarreien einzureihen, nachdem bereits Pfarreien mit 1200 Seelen zu dieser bevorzugten Kategorie gehören und überhaupt 1/3 aller gehobenen Pfarreien an Einwohnerzahl der neuen Pfarrei Kottern nachsteht (Schematismus p. 501). Diese Bitte dürfte umso berechtigter sein, als Kottern infolge seiner bunt zusammengewürfelten Bevölkerung sicherlich nicht zu den leichtesten und begehrenswertesten Posten der Diözese gehört. In der Gewährung dieser Bitte von Seiten des Hochwürdigsten Bischöflichen Ordinariats würde die Arbeiterschaft Kotterns mit ihrem vielgeplagten Seelsorger einige Anerkennung dafür erblicken, daß sie für kirchliche Zwecke schon manches Opfer gebracht hat und noch weiter zu bringen bereit ist.
Die Tochterkirchenverwaltung Kottern-Neudorf