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Aus den Pfarreien

Orgelweihe: Vom großen Wert der Harmonie

21.09.2024

Für den Leiter des Amts für Kirchenmusik Pater Stefan Kling ist sie „eine der spektakulärsten spätromantischen Orgeln im süddeutschen Raum“. Nach deren mehrmonatiger Sanierung weihte Bischof Bertram an diesem Samstagabend die Königin der Instrumente bei einem Festgottesdienst in der Pfarrkirche St. Nikolaus in Dürrlauingen und übergab sie wieder ihrer Bestimmung. Dabei bezeichnete er Orgeln allgemein als Vehikel in eine „Haltung der Andacht und des Gebetes zu gelangen“. Zentrales Element dabei sei die Harmonie, die der Bischof nicht nur musikalisch deutete, sondern auch bibeltheologisch als friedliches und gutes Miteinander der Menschen durchbuchstabierte.

Dabei nannte er das menschliche Streben nach Größe und Superlativen, wie es etwa auch bei Orgelführungen bei der Frage nach der größten Pfeife zum Vorschein komme, als Gefahr für ein harmonisches menschliches Miteinander. Dies zeige sich nicht nur in materieller Hinsicht, sondern auch wenn es um Macht und Ansehen gehe, wie die Diskussion unter den Jüngern Jesu, wer der Größte unter ihnen sei, im Tagesevangelium offenbare. „Bis heute ist das eine der größten Schwächen des Menschen, dass er allzu oft eitle und egoistische Gedanken in sich trägt.“

Wo Menschen nur die eigenen Interessen in den Vordergrund stellten, entstehe Disharmonie in Familien, unter Freunden oder in der Gesellschaft, so Bischof Bertram. Einmal mehr zog er den Vergleich zum Orgelspiel: „Wenn eine Pfeife so scharf und laut ist, dass man die anderen gar nicht mehr hört, empfinden wir das nicht als angenehm. Darum besteht die Kunstfertigkeit der Organistinnen und Organisten darin, durch geschicktes Registrieren für Ausgewogenheit und eine gute Mischung zu sorgen.“

Gerade in unserer schnelllebigen Zeit voller Krisen, Konflikten und Kriegen, die allzu häufig Überlastung mit sich bringt, könne die Musik etwas Wertvolles sein, da sie uns innerlich zu berühren, mitunter sogar zu trösten vermag, und zugleich daran erinnert, welch großen Wert die Harmonie darstellt, betonte Bischof Bertram. Die Gläubigen rief er dazu auf, sich am Beispiel Jesu zu orientieren: „Viele von Ihnen haben es sicher schon erlebt, dass bestimmte Melodien uns auf eine ganz eigene Weise ruhig werden lassen und ein Gefühl des inneren Friedens hervorrufen. Jeder einzelne Ton trägt dann seinen Teil bei zu einem Gesamtklang, der uns einfach guttut. Ich möchte dieses Bild gerne aufgreifen und uns allen zurufen, dass auch wir durch unsere Worte und Taten jeden Tag einen Beitrag zu einem harmonischen Miteinander in Kirche und Gesellschaft leisten können.“

Gott sei Dank, so der Bischof, gebe es nach wie vor viele Frauen, Männer und junge Leute, die sich täglich dafür einsetzen, dass der Zusammenhalt in unserem Land gefördert wird, sei es durch kirchliches oder soziales Engagement, in der Politik oder im Ehrenamt. „Wenn wir die Harmonie unter uns bewahren wollen, brauchen wir diese Menschen, denn Frieden und Gerechtigkeit hängen wesentlich von einer solchen Haltung ab“, appellierte er an die Festgäste und dankte allen, die sich um die Sanierung der Orgel verdient gemacht haben.

Die musikalische Gestaltung des feierlichen Gottesdienstes zum Abschluss der Orgelsanierung übernahmen die Blasmusik Dürrlauingen, der Kirchenchor Gundelfingen sowie Anne Liebe und Brigitte Schneider an der Orgel.

 

 

Zur Orgel

Vor mehr als einem Jahr kam es bei der Dürrlauinger Orgel während des Spiels vermehrt zu Störgeräuschen. Pater Stefan Kling als Orgelsachverständiger schaute sich das Instrument - eine pneumatische Orgel aus dem Jahr 1925 – damals genauer an. Trotz pfleglicher Behandlung sei eine umfängliche Restaurierung, unter anderem eine Überholung der Spieltechnik, dringend notwendig gewesen, urteilte er damals. Die Sanierung wurde dann in den vergangenen Monaten von der Firma Sandtner aus Dillingen durchgeführt.

Die historische, denkmalgeschützte Orgel der Pfarrkirche St. Nikolaus in Dürrlauingen wurde im Jahre 1925 von der Orgelbauwerkstatt Gebrüder Hindelang in Ebenhofen im Allgäu als deren Opus 145 erbaut. Das Instrument auf der oberen Westempore der Kirche besitzt zwar nur einen einfachen Freipfeifenprospekt, der für die schöne spätbarocke Pfarrkirche beinahe zu schlicht wirkt. Das Orgelwerk aber zeugt von der handwerklichen und künstlerischen Meisterschaft, die die Ostallgäuer Erbauerwerkstatt Hindelang gerade in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen erreicht hat.

Mit nur 14 klingenden Registern, die aber klug disponiert sind und durch diverse Koppeln ganz unterschiedlich eingesetzt werden können, lassen sich vielfältigste Klangfarben und Schattierungen vom zarten Pianissimo bis zum majestätischen Tutti erzeugen. Und die erstaunliche Präzision der pneumatischen Spieltraktur lässt auch bei virtuosem Spiel keinerlei Wünsche offen.

Zusammen mit den Schwesterinstrumenten in Augsburg St. Ulrich und Afra (Chororgel), Asch, Gersthofen, Obergünzburg, Oberstaufen zählt die Hindelang-Orgel in Dürrlauingen zu den schönsten Orgeln der ausgehenden Spätromantik in Süddeutschland.