Robert Neuner: „Jesu ausgebreitete Hände als Zeichen von Liebe, Treue und Gemeinschaft“
(Donauwörth) Dass ein Pfarrer beim Verfassen eines Liebesbriefes hilft, kommt nicht alle Tage vor. Aber als der Donauwörther Dekan Robert Neuner während seiner Zeit als Militärpfarrer darum gebeten wurde, zögerte er nicht und unterstützte den jungen Mann gerne dabei. Er sei zwar nicht der geübte Verfasser von Liebesbriefen, meint er schmunzelnd, aber „ich musste ja ‚nur‘ beim Formulieren und bei der Rechtschreibung helfen, der Inhalt war ja schon da. Ich empfand dies als großen Vertrauensbeweis“.

Prägende Zeit als Militärpfarrer in Landsberg/Lech (1993-2002)
Aus der Zeit als Militärpfarrer habe er viele gute Erinnerungen. Von 1993 bis 2002 war er dazu in Landsberg/Lech und betreute die Soldaten und ihre Familien seelsorgerlich. Besonders die jährlichen Wallfahrten nach Lourdes waren für Neuner etwas Besonderes. Wenn er von Soldaten gefragt wurde, was sie auf der Wallfahrt erwarten würde, dann sagte er immer: „Ein Wunder dürft ihr nicht erwarten, aber etwas Wunderbares.“ Und das war es jedes mal. Auf so einer Wallfahrt verbringe man gemeinsame Zeit und da kämen oft viel mehr Themen zu Wort, als dies im Alltag der Fall ist, weiß Neuner zu berichten. „Ich war dann oft Ansprechpartner, Ratgeber und versuchte immer ein offenes Ohr für die Anliegen, Sorgen und Nöte der Menschen zu haben.“ Gerade diese jungen Menschen beschäftigten Themen wie Not, Heimweh, Angst um Versetzung, auch Geldsorgen oder aber auch Liebeskummer. „Und da war es für sie gut, wenn jemand da war, dem sie sich anvertrauen konnten.“
Pfarrer und Dekan in Donauwörth seit 2015
Ein offenes Ohr will er auch für die Menschen in seiner jetzigen Wirkungsstätte haben. Seit 2015 ist er Pfarrer in Donauwörth und wurde kurz nach dem Start dort auch als Dekan eingeführt. Diese Stadt kennt er seit seiner Kindheit gut, denn er ist in einem Nachbarort aufgewachsen und selbst in Donauwörth zur Schule gegangen. „Ich war zuvor sechs Jahre in Windach Pfarrer und wollte eigentlich noch nicht wechseln, aber da wurde die Stelle in Donauwörth frei.“ Verbunden war er mit dieser Gegend immer noch sehr stark durch seine Familie, zu der er ein sehr inniges Verhältnis hat. „Ich wollte in der Nähe meiner Familie und vor allem meiner kranken Mutter sein, und dann habe ich mich hierher beworben.“
Das Dekanat Donauwörth in Kürze:
- Fläche: ca 430 km²
- Größe: 7 Pfarreiengemeinschaften mit 30 Pfarreien
- Prodekan: Jörg Biercher (Rain)
- Bevölkerung: rund 33.000 Katholiken
Schwerpunkte als Pfarrer
Am Herzen liegt Dekan Neuner das gute und wohlwollende Miteinander unter seinen Mitarbeitern genauso wie unter seinen priesterlichen Mitbrüdern, für die er im Dekanat Donauwörth zuständig ist. Auch schätzt er das Engagement in seiner Pfarreiengemeinschaft sehr, angefangen von den Kleinsten durch Kleinkindergottesdienste, über Kinder und Jugendliche, Ministranten und auch die Senioren. Viele Aktive und Ehrenamtliche bringen sich in der Pfarreiengemeinschaft ein. Sein Motto lautet dabei: Das was gut ist wahrzunehmen und zu unterstützen. Gleichzeitig musste er auch lernen, seine eigenen Grenzen zu erkennen.
„Ich nehme mir immer wieder eine kurze Auszeit in der Kirche, gehe extra rüber, komme zur Ruhe und bete.“ Das persönliche Gebet ist für ihn genauso essentiell, wie auch die Feier der Heiligen Messe. „Meine persönliche Kraftquelle ist der Tabernakel und hier im Liebfrauenmünster in Donauwörth der Christus, mit seinen ausgebreiteten Armen“, erklärt Robert Neuner. „Mir zeigt dieser Christus mit seinen schier überlangen Armen seine unermessliche Liebe. Ich bin der wahren Überzeugung, Christus schaut mich an, er schaut tief in mein Herz, ich kann ihm alles offenlegen, was mich bewegt, bedrückt, aber auch freut. Einfach alles, was mir auf dem Herzen liegt.“
Für Robert Neuner ist es ein sehr starkes Zeichen, dass hier mitten in der Stadt die ausgebreiteten Arme des liebenden Gottes gegenwärtig sind. „Oft genug lade ich die Gläubigen dazu ein, in die Kirche zu kommen und den Blick auf die ausgebreiteten Arme zu richten“, berichtet er und „übrigens: Die Hände sind ein wichtiges Moment im Leben der Menschen: Berührung geschieht mit den Händen, Liebende halten sich die Hände, mit den Händen wird gearbeitet, geschaffen, getröstet.“ Als Zeichen der Versöhnung reiche man sich ebenfalls die Hände. „Ich sehe die Hände als Zeichen von Liebe, Treue und Gemeinschaft“ bekräftigt Neuner und zeigt dabei auf den Christus des Münsters.
Ökumene: Ein gutes Miteinander in Donauwörth
„Auch liegt mir das Miteinander der Ökumene hier in Donauwörth sehr am Herzen.“ Das Gebet für Jeden sei ihm ein echtes Anliegen. „Unser christliches Fundament ist der Grundstock und es verbindet die christlichen Kirchen viel mehr als sie trennt. Das müssen wir uns immer wieder bewusstmachen“ bekräftigt Neuner, und meint weiter: „Ökumenische Zusammenarbeit kann sich in vielen Bereichen ergänzen und bereichern: Gebet, Glaubensverkündigung, Gottesdienst, Katechese, Diakonie und Caritas. 2023 gab es in Donauwörth sogar ein gemeinsames ökumenisches Magazin.“
Familie und Berufung
Robert Neuner (Jahrgang 1965) stammt aus einer Bäckerfamilie. „Es war keine superfromme Familie, aber trotzdem weiß ich, dass ich zwei ganz gläubige Eltern hatte!“ Die Mama habe ihn und seine Schwester sonntags mit in den Gottesdienst genommen, der Papa ist öfters sonntagnachmittags in die nahegelegene Wallfahrtskirche Maria Brünnlein nach Wemding gefahren und ohne viel Aufhebens dort gebetet und eine Kerze angezündet. „Vor allem wenn bei mir in der Schule eine Probe angestanden hat“, erinnert sich Neuner mit einem Lächeln im Gesicht zurück.
Der Gedanke lag nahe, dass er das Geschäft seiner Eltern übernehmen würde. „Ich habe immer gerne mit angepackt, sogar bis letztes Jahr habe ich immer samstags bei meiner Schwester in der Backstube mitgeholfen. Aber mein Weg sollte ein anderer sein“, erzählt Pfarrer Neuner. „An eine Fahrt nach Donauwörth kann ich mich noch gut erinnern. Ich offenbarte meinem Vater, dass ich Priester werden möchte. Etwas aufgeregt war ich, wie seine Reaktion darauf sein würde und da hat er mir etwas Wunderbares geantwortet: ‚Robert, geh deinen Weg. Du sollst aber auch wissen, dass, wenn es nicht so klappt, du weißt, wo du daheim bist!‘.“ Mittlerweile sind beide Eltern verstorben, aber der enge Kontakt zur Schwester und ihrer Familie, die mittlerweile das Geschäft führt, besteht nach wie vor und bietet auch einen Rückzugsort für Neuner.
Gute Wegbegleiter, Zuhörer und Berater waren für ihn Dekan Wilhelm Schmid (1937-2018), der in Donauwörth von 1986 bis 2005 wirkte, genauso wie auch sein Heimatpfarrer Anton Scherer (1935-2009). Die Verbindung zu den Bistumspatronen Ulrich und Afra hat er in seinem Praktikum in der Augsburger Pfarrei durch Pfarrer i.R. Prälat Wunibald Hitzler (1926-2017) aufgebaut. Immer noch freundschaftlich verbunden ist er mit Pfarrer Martin Bucher und mit dessen Hausfrau Frieda Drexl, bei denen er nach seiner Priesterweihe im Juni 1990 drei Jahre lang Kaplan in Landsberg am Lech war. „Ich hatte immer zur richtigen Zeit die richtigen Begleiter und Ratgeber an der Seite.“, blickt Neuner dankbar auf die Begegnungen zurück. „Sie hatten immer ein offenes Ohr für meine Anliegen und haben dann auch zur rechten Zeit die richtigen Fragen gestellt.“
Zukunft der Kirche
Mit Blick auf die Zukunft der Kirche erhofft sich Dekan Neuner mehr Mut und Vertrauen, dass Gott und der Heilig Geist schon alles richtig lenken werden. Gleichzeitig treibe ihn die Sorge herum, „wie es mit unserer Kirche weitergehen soll.“ Er wünsche sich eine gewisse Weite im Blick auf unsere Mitmenschen, auf gescheiterte Existenzen, auf die Lebensumstände anderer. „Ein achtsamer und respektvoller Umgang untereinander liegen mir besonders am Herzen. Auch unter uns Priestern will ich eine gute Zusammenarbeit und einen ehrlichen Austausch.“
Man merkt ihm an, dass seine einfühlsame und engagierte Art ernst gemeint ist und er ist zutiefst überzeugt: „Meine Kirche ist mehr. Sie gibt mir Orientierung und lebt durch die Begegnungen im Miteinander.“ Das gute Auskommen in seinem Umfeld betont Robert Neuner immer wieder. Er orientiert sich an folgendem Motto, das Papst Franziskus einmal besonders hervorgehoben hat: Bitte, Danke, Entschuldigung. „Denn diese Worte öffnen den Weg zu einem guten (Familien)Leben, um in Frieden zu leben. Wenn sie fehlen, dann funktioniert das Zusammenleben nicht.“
Text und Fotos: Viktoria Zäch
März 2024
Hintergrund:
Nach der coronabedingten Unterbrechung des Formates erscheinen wieder regelmäßig neue Portraits unserer Dekane. Die anderen Texte aus dieser Reihe finden Sie ebenfalls auf unserer Homepage.