„Vorbilder der Versöhnung“
Am vierten Fastensonntag hat Bischof Bertram in einem feierlichen Pontifikalgottesdienst den neuen Zelebrationsaltar samt Ambo des bekannten Marienmünsters in Dießen am Ammersee geweiht. Zu diesem Anlass, mit dem fast sechs Jahrzehnte des liturgischen Provisoriums zu Ende gehen, dachte der Bischof in seiner Predigt über die Bedeutung des Begriffes „Versöhnung“ nach.
„Worte der Versöhnung“ könne man dabei zum Beispiel im den drei Schrifttexten hören, die an diesem Sonntag im Münster gelesen wurden. Da sei zum einen die Versöhnung Gottes mit dem Volk Israel, dessen Heil er „von Anfang an“ gewollt habe, sei es während der Knechtschaft des Pharaos oder durch die Menschwerdung in Christus. Besonders deutlich werde dies auch im Gleichnis vom verlorenen Sohn: „Eine wunderbare Versöhnung, die mit einem Fest endet und darin gründet, dass Menschen ihr Leben bedenken, sich ihrer Schwächen bewusstwerden, Fehler zugeben und einander verzeihen. Auf solche Weise wird Frieden und Versöhnung möglich.“ Wahres Christsein bestehe nicht darin, anderen ihre Fehler vorzuhalten, und sich zu bemühen, „ein Leben nach den Geboten Gottes zu führen“, der uns lenke auf den Weg der „Demut und Barmherzigkeit“.
Neben die Worte der Versöhnung müssten auch die Gesten gestellt werden, so Bischof Bertram weiter in seiner Predigt. Auf biblischer Ebene seen dies etwa die Gesten, die der Vater dem verloren geglaubten Sohn entgegenbringe wie das Bringen neuer Kleider und das Veranstalten eines Festes. Auch im Alltag seien wir dazu aufgefordert, den göttlichen „Dienst der Versöhnung“ zu übernehmen, Konflikte beizulegen und anderen Menschen in Wort und Tat Freude zu schenken. Vorbilder dazu gäbe es auch außerhalb der Heiligen Schrift genug, allen voran die „Mutter der Versöhnung“ Maria, die es sogar schaffte, jenen zu vergeben, die ihren unschuldigen Sohn getötet hatten: „Lernen wir also von Maria, was es heißt, sich ganz von Gottes Geist und seiner Liebe erfüllen zu lassen. Das nämlich ist die Voraussetzung für echte Vergebung und inneren Frieden.“ Auch andere Heilige könnten dazu als Inspiration dienen, wie etwa die beiden, deren Reliquien mit der feierlichen Altarsegnung eine neue Heimat im Marienmünster fanden. Der heilige Bistumspatron Ulrich sei eine Schlüsselfigur im Frieden von Tussa gewesen, während die heilige Hedwig von Andechs - die über ihre Großnichte, die selige Mechthild von Dießen, bereits eine Verbindung mit dem Marienmünster mitbringe - als Schutzpatronin der Versöhnung zwischen Deutschland und Polen angerufen werde: „Mögen auch diese beiden Heiligen uns auf unserem Lebensweg zur Seite stehen und als Vorbilder dienen.“
In dem feierlichen Gottesdienst wurde ein jahrzehntelanges Provisorium beendet: Nach den liturgischen Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils wurde die Eucharistie lange Zeit auf einem barocken Kredenztisch gefeiert, der indes die kirchlichen Anforderungen an einen Zelebrationsaltar nicht ganz erfüllte. Der Dießener Pfarrer Josef Kirchensteiner gab deshalb bereits vor über zwei Jahren den Entwurf eines neuen, feststehenden Altars in Auftrag, dessen Holzmodell wiederum rund ein Jahr lang bereits für Gottesdienstfeiern verwendet wurde.
Diesen Sonntag zelebrierte Bischof Bertram nun die erste Eucharistiefeier auf dem neuen Zelebrationsaltar, der vorher durch die Liturgie der Altarweihe freilich erst als würdiger Ort dazu markiert werden musste. Nach der Einsetzung der Reliquien in den Altarboden wurden die Altarplatte mit Weihwasser besprengt und mit Chrisamöl gesalbt. Anschließend wurde, dem uralten Ritus folgend, an vier Ecken und in der Mitte des Altars Weihrauch entzündet. Dies soll auf die Kreuzeswunden Jesu hindeuten sowie die Gebete versinnbildlichen, die von diesem Altar aus zu Gott aufsteigen werden. Mit dem Auflegen des Altartuchs, dem Entzünden des Altarlichts und dem Segensgebet über dem ebenfalls neu geschaffenen Ambo endete die feierliche Segnungsliturgie. Der gesamte Gottesdienst wurde live im Fernsehen und online durch K-TV übertragen.
Altar und Ambo wurden beide von dem Allgäuer Künstler und Bildhauer Thomas Link geschaffen, der als Materialien Messing sowie italienischen Botticino-Marmor verwendet hatte. In ihrer Form sind sie den Bögen des Marienmünsters nachempfunden und sollen gemeinsam mit der Marienstatue im Altarraum eine symbolisch-theologische Einheit bilden. Auch der Bischof freute sich über die gelungene Einfügung der neuen Elemente in den Kirchenraum: „Mögen sie für lange Zeit Orte sein, an denen wir uns in Gemeinschaft um den Herrn versammeln, seine Botschaft hören und seiner Gegenwart in den gewandelten Gaben von Brot und Wein teilhaftig werden.“
Das Marienmünster in Dießen am Ammersee ist die ursprüngliche Stiftskirche des 1803 aufgelösten Augustiner-Chorherrenklosters ebendort. Die „Mariä Himmelfahrt“ geweihte Kirche wurde 1720-1739 in ihrer heutigen Form errichtet und gilt als ein Meisterwerk barocker Baukunst in Bayern. 1989 wurde das Gotteshaus, das seit der Klosterauflösung als Pfarrkirche dient, durch Bischof Josef Stimpfle zum „Marienmünster“ erhoben.