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Internationales Bischofstreffen

Eine Ökumene der Liebe leben

27.02.2024

60 Bischöfinnen und Bischöfe, 26 Nationen, 30 Konfessionen: Nachdem erst in der vergangenen Woche die katholischen Bischöfe aus Deutschland in Augsburg zu Gast waren, geht es in den nächsten Tagen im Haus Sankt Ulrich und andernorts internationaler und ökumenischer zu. So bezeichnete es Bischof Bertram an diesem Dienstag als eine große Ehre für die Diözese, dass das 40. Bischofstreffen der Fokolar-Bewegung im Jahr des Ulrichsjubiläums heuer hier stattfinde.

Nach dem Eröffnungsgebet stellte der Bischof den Gästen aus aller Welt das Leitwort des Jubiläums „Mit dem Ohr des Herzens“ vor und bezeichnete das viertägige Treffen in Anlehnung daran als eine „Hörschule des Glaubens“. Denn die anwesenden Bischöfe seien gefordert, sich in andere Sprachen hineinzuhören und könnten sich nicht nur in ihrer Muttersprache austauschen. „Aber wir müssen uns auch hineinlauschen, in das, was der oder die andere zwischen die Zeilen legt.“ So sei das, was in diesen Tagen hier passiere, auch eine Form von Synodalität, über die sich Papst Franziskus sicher freuen würde. „Nicht nur im inneren Kreis der katholischen Kirche, sondern weit ausgreifend im ökumenischen Schulterschluss“, so Bischof Bertram. Er appellierte an die anwesenden Bischöfe, die Andersheit nicht so sehr als Bedrohung zu sehen, sondern „als Möglichkeit, sich wechselseitig bereichern zu lassen und voneinander lernen zu können“.

In den vergangenen Jahrzehnten habe die katholische Kirche sehr stark eine Ökumene des Denkens, der Theologie und der Wahrheit gepflegt. Papst Franziskus betone hingegen mehr eine „Ökumene der Liebe“, die auf einer solchen Versammlung wie jetzt in diesen Tagen in Augsburg zum Ausdruck kommen könne. Bischof Bertram bekräftigte: „Wir bleiben Vertreter unserer Kirche und können uns trotzdem in Liebe umarmen, den Friedensgruß geben und auch andere Meinungen sagen, ohne dass unser eigenes Glaubenshaus auseinanderbricht.“

Einheit in Vielfalt: Auch die unterschiedlichen Kleidungsfarben sind Ausdruck für die Verschiedenheit der Konfessionen.

Auch der katholische Bischof von Limerick Brendan Leahy, der derzeit Moderator der der Fokolar-Bewegung nahestehenden Bischöfe ist, griff bei seiner Einführung ebenfalls die „Ökumene der Liebe“ auf und stellte diesen Begriff in den Kontext von „Dialog des Lebens“, in dem die Freude, Sorgen und Nöte miteinander geteilt werde und des Gebots Jesu, einander zu lieben. Er zeigte sich dankbar für alles Positive, das im Verhältnis der christlichen Kirchen in der Vergangenheit geschehen ist. Dabei stellte er das 40. Treffen in eine Reihe von ökumenischen Jubiläen, die in diesem Jahr oder in naher Zukunft begangen und gefeiert werden. Es seien beispielsweise 25 Jahre vergangen, seit die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre eben hier in Augsburg unterzeichnet wurde. Ein Thema, das beim ökumenischen Gebet in der evangelischen St. Anna-Kirche, dem Ort der Unterzeichnung, und bei einer Podiumsdiskussion aufgegriffen werde. 

Zudem gab Bischof Brendan Einblicke in das Programm der kommenden Tage und stellte die Versammlung unter vier ökumenische Imperative. Für ihn gilt: „Genau jetzt die Initiative zu ergreifen, jetzt gemeinsam miteinander in Kontakt zu treten und den Samen der Auferstehung aufzudecken, jetzt zu erkennen, dass jede Schwierigkeit ein Ausgangspunkt für die Einheit sein kann, und jetzt einander zu lieben.“ Denn der Fokus unserer Spiritualität sei stets die Einheit mit Gott und untereinander, so der irische Bischof. Es stehen geistliche Impulse aus der Spiritualität der Fokolar-Bewegung, Podiumsdiskussionen, Erfahrungsberichte aus verschiedenen Ländern ebenso auf der Tagesordnung wie liturgische Feiern in den verschiedenen christlichen Traditionen.

Wie etwa am Dienstagabend die ökumenische Vesper in der Basilika St. Ulrich und Afra mit einem Geistlichen Impuls durch Bischof Bertram im Anschluss an den Empfang bei Oberbürgermeisterin Eva Weber im Rathaus. In seinen Worten ließ der Bischof keine Zweifel daran aufkommen, dass eine Reform der Kirche, wie sie das Zweite Vatikanische Konzil angestoßen hat, nicht an Christus vorbei geschehen könne. „Alles in Christus erneuern, alles in Christus gründen, alles in Christus vereinen. Darum geht es, wenn wir die Kirche geistlich erneuern wollen“, so Bischof Bertram. Deshalb dürfe der Weg der Kirche nicht zurückgehen, sondern stets nach vorn gerichtet sein. Wer zurück wolle, weiche Christus aus. „Das Heil liegt nicht in der Vergangenheit, sondern in der Zukunft.“

Am Anfang des viertägigen Treffens stand das gemeinsame Gebet.

Gleichzeitig betonte er, dass Kirche ohne ihre haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im pastoralen Dienst nicht zu denken wäre. Die Laiengremien – angefangen vom Pfarrgemeinderat, Pastoralrat, Kirchenverwaltung über die Dekanatsräte bis hin zum Diözesanrat – gehörten zum Gerüst unserer Diözese. „Laien sind weder Dilettanten noch Lückenbüßer, wenn die Pfarrer fehlen. Laien haben eine eigene Berufung.“ Zudem forderte der Bischof innerkirchlich eine „Spiritualität der Gemeinschaft“. Es brauche vielmehr Kooperation statt Konkurrenz, Zusammenhalt statt Eigeninteresse. Spiritualität der Gemeinschaft sei auch die Fähigkeit, vor allem das Positive im anderen zu sehen, um es als Gottesgeschenk anzunehmen und zu schätzen.

 

Die Fokolar-Bewegung gehört zu den neuen geistlichen Aufbrüchen, die in den letzten 80 Jahren in den christlichen Kirchen entstanden sind. Ihre Ursprünge gehen auf das Jahr 1943 in Trient zurück. Mittlerweile ist die Bewegung in mehr als 180 Ländern der Welt vertreten. Weltweit zählt sie rund 140.000 Mitglieder, schätzungsweise drei Millionen Menschen stehen mit ihr in Verbindung. Christen aus 350 verschiedenen Kirchen und ca. 7.000 Gläubige nicht-christlicher Religionen fühlen sich ihr zugehörig.

Seit 1977 treffen sich auf Anregung des verstorbenen Aachener Bischofs Klaus Hemmerle Bischöfe, die der Fokolar-Bewegung nahestehen. Ziel dieser Tagungen ist der geistliche Austausch und die geschwisterliche Begegnung unter Bischöfen. Geistliche Impulse kommen dabei aus der Spiritualität der Fokolar-Bewegung. Wichtiges Anliegen ist den Bischöfen, die „Spiritualität der Gemeinschaft“, die Papst Johannes Paul II. mehrfach als Basis für das Leben des Volkes Gottes in den Mittelpunkt gestellt hatte, fruchtbar werden zu lassen und einander im Austausch über die persönlichen Erfahrungen zu ermutigen.