Menü
Interreligiöser Dialog

„Zusammenstehen, um zu beten“

19.07.2024

Vor zehn Jahren wurde im Bistum Augsburg ein neues Gesprächsformat ins Leben gerufen: In jährlichen interreligiösen Begegnungsabenden haben sich seitdem Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlichster Glaubensrichtungen im Bistum Augsburg zum gegenseitigen Kennenlernen und informativen Austausch getroffen. Bischof Bertram, der das Format seinerzeit mitinitiierte, erinnerte sich diesen Donnerstag an den seither zurückgelegten Weg.

„Damals war ich als Bischofsvikar verantwortlich für solche Austauschformate, heute darf ich erstmals als Bischof wieder Teil dieses Abends sein“, freute sich Bischof Bertram über den Fortbestand des regelmäßigen Begegnungsabends, bei dem heuer über dreißig Männer und Frauen in der Erzabtei St. Ottilien zusammengekommen waren. Als gemeinsames Gesprächsthema stand diesen Donnerstag die interreligiöse Friedensarbeit im Thema – eines, das „immer aktuell, doch in den letzten Monaten geradezu drängend“ geworden sei, wie der Bischof betonte.

So habe man gerade in den vergangenen Jahren auf diesem Gebiet auch große Fortschritte erzielen können, wie etwa das 2019 von Papst Franziskus und Großimam Ahmad al-Tayyib unterzeichnete „Dokument über die Brüderlichkeit aller Menschen“, welches katholischerseits wiederum an die päpstliche Enzyklika „Fratelli tutti“ anknüpfe, die Johannes Paul II. 1986 veröffentlichte und auf die eine bis heute lebendige Tradition des multireligiösen Gebets in Assisi zurückgehe: „Zusammenstehen, um zu beten, ist eine Chance, Friedensräume zu eröffnen: im eigenen Innern, unter Angehörigen verschiedener Konfessionen und Religionen und dabei sich kennenzulernen, um voneinander zu lernen, wie wir immer mehr dem Bild entsprechen können, das der Schöpfer von uns hat.“

Der Begegnungsabend wurde durch den Ökumenereferenten des Bistums Dr. Ulrich Hörwick sowie Bruder Josef Götz OSB von der Erzabtei St. Ottilien vorbereitet und gestaltet. 35 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus fünf verschiedenen Religionen - Christentum, Judentum, Islam, Buddhismus und Baha'i - hatten dabei die Möglichkeit, miteinander ins Gespräch zu kommen und sich über aktuelle Themen der Ökumene und des interreligiösen Dialogs auszutauschen. Im Zentrum des Abends stand heuer ein Vortrag der Theologin und Philosophin Dr. Dr. Katharina Ceming. Unter dem Titel "Friedensstifter oder Konflikttreiber?" sprach sie über das ambivalente Potential zu beiderseits Frieden als auch Gewalt, das Religionen und religiösen Gemeinschaften inhärent sei. Trotz dem in allen Religionen vorhandenen Friedensgebot komme es immer wieder zu Konflikten aus Gewaltausbrüchen, die sich letztendlich auf ein fundamentalistisches Textverständnis, eine zu enge Verflechtung von Staat und Religion und den Glauben, den Willen Gottes zu kennen und mit Gewalt durchsetzen zu können, zurückführten. Persönliche Begegnungen und Dialog auf Augenhöhe seien vor diesem Hintergrund unverzichtbar, um den Frieden auch zwischen den Religionen zu wahren.

In religionsgemischten Gruppen sprachen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer anschließend über aktuelle Themen und unternahmen gleichzeitig auch kritische Blicke auf das Gewaltpotential der eigenen Religion. Konkret wurde dabei auch über die eigene Friedensarbeit vor Ort gesprochen, wie sich der interreligiöse Dialog weiter fortführen, ausbauen und normalisieren ließe, und wie man gerade angesichts der aktuellen Weltlage Antisemitismus und Islamophobie gezielt entgegentreten könne.

Die „Begegnung der Religionen“ wurde 2014 durch den diözesanen Arbeitskreis für interreligiösen Dialog unter Leitung des damaligen Bischofsvikars für Ökumene und interreligiösen Dialog und heutigen Bischof Bertram Meier initiiert. Heute wird er durch die Bischöfliche Kommission für Ökumene und Interreligiösen Dialog veranstaltet, der Dekan Helmut Haug als Bischöflicher Beauftragter vorsteht.